Robuste Bildverarbeitungsobjektive

Robuste Bildverarbeitungsobjektive

Dies ist der Abschnitt 5.3 des Leitfadens zur Bildverarbeitung.

Objektive in industriellen Bildverarbeitungsanwendungen müssen besondere Anforderungen erfüllen, die über die von normalen Standardobjektiven hinausgehen. Die Objektive in der Fertigungsautomatisierung, Robotik und industriellen Inspektion müssen in sehr speziellen, anspruchsvollen Umgebungen funktionieren in denen häufig Vibrationen, Stöße, Temperaturänderungen und Verunreinigungen auftreten. Aus diesem Grund wurde eine neue Produktgruppe von stabilisierten Objektiven entwickelt, die unter diesen Voraussetzungen eingesetzt werden können. Es sind vier Arten der Stabilisierung verfügbar:

  1. Robuste Objektive für die Industrie
  2. Versiegelung zum Schutz vor Umwelteinflüssen
  3. Stabilisierte Objektive
  4. Athermische Objektive

Robuste Objektive für die Industrie

Robuste Objektive für Industrieanwendungen überstehen Vibrationen und Stöße ohne eine Veränderung des Fokus oder der Blende. Dies wird durch die Entfernung beweglicher Teile erreicht. Ein standardmäßiges Objektiv mit Festbrennweite verwendet einen Fokussiermechanismus und eine Blende, die aus dünnen Lamellen und Rasten zur Einstellung der Blendenzahl besteht. Beides kann durch Stöße und Vibrationen verrutschen und beschädigt werden. Bei robusten Objektiven für Industrieanwendungen wird die Blende durch eine feste Blende ersetzt und der Fokussiermechanismus, der üblicherweise aus einem Gewindetubus in einem anderen Gewindetubus besteht, wird durch einen feststellbaren Ring mit Gewinde ersetzt.

Ein Standardobjektiv mit komplexer Mechanik und verstellbarer Blende verglichen mit einem robusten Industrieobjektiv mit vereinfachter Mechanik.
Ein Standardobjektiv mit komplexer Mechanik und verstellbarer Blende verglichen mit einem robusten Industrieobjektiv mit vereinfachter Mechanik.
Abbildung 1: Ein Standardobjektiv mit komplexer Mechanik und verstellbarer Blende verglichen mit einem robusten Industrieobjektiv mit vereinfachter Mechanik.

Robuste Objektive für die Industrie sind ideal für Anwendungen bei denen das System einmal aufgebaut und nicht mehr verändert wird. Durch die Entfernung der komplexen, beweglichen Teile werden Kosten eingespart und die Objektive sind günstiger. Es gibt viele verschiedene Einsatzmöglichkeiten für die robusten Objektive für Industrieanwendungen, z. B. Fertigungsumgebungen mit starken Vibrationen, bei schneller Beschleunigung der Kamera, Inspektionsaufbauten mit mehreren gleichen Kamerasystemen und Robot-Vision.

Versiegelung zum Schutz vor Umwelteinflüssen

Objektive mit Eindringschutz werden mit hydrophoben Fenstern und Gummiringen versiegelt, sodass sichergestellt ist, dass keine Feuchtigkeit und Schmutzpartikel in das Objektiv gelangen. Dieser Schutz wird häufig zu einem robusten Objektiv für Industrieanwendungen hinzugefügt, da die Versiegelung von einem verstellbaren Fokus und einer einstellbaren Blende problematisch ist. Die Objektive werden in Umgebungen mit hoher Feuchtigkeit, Spritzern, Staub oder kleinen Partikeln eingesetzt sowie immer dann, wenn es keinen ausreichenden Platz gibt, um Objektiv und Kamera mit einem kompletten Gehäuse zu schützen. Die Verwendung eines Gehäuses bietet jedoch einen zusätzlichen Schutz.

Ein versiegeltes Objektiv mit Gummiring als Eindringschutz.
Abbildung 2: Ein versiegeltes Objektiv mit Gummiring als Eindringschutz vor Verunreinigungen wie Staub, Schmutz oder Feuchtigkeit und mit einem hydrophoben Fenster vor den Linsenelementen.

Der Schutzgrad wird über zwei Zahlen angegeben, die den IP-Wert nach dem IEC 60529 Standard bilden. Die erste Zahl zwischen null und sechs gibt den Schutzgrad gegen Feststoffe und Partikel an. Wenn eine Komponente nicht hinsichtlich des Eindringens von Feststoffen getestet worden ist, ist die erste Stelle ein X (Tabelle 1).

Schutz gegen Festkörper: Beschreibung
X

Ein Test wurde nicht durchgeführt

0

Kein Schutz vor Festkörpern

1

Schutz vor Objekten mit 50 mm Durchmesser oder größer

2

Schutz vor Objekten mit 12,5 mm Durchmesser oder größer

3

Schutz vor Objekten mit 2,5 mm Größe oder größer

4 Schutz vor Objekten mit 1 mm Größe oder größer
5 Partieller Schutz vor Staub. Das Eindringen behindert die Funktionsfähigkeit nicht
6 Komplette Versiegelung gegen Staub
Tabelle 1: Die erste Stelle des IP-Werts gibt den Schutzgrad an, den eine Hülle gegen Festkörper besitzt.

 Die zweite Stelle gibt den Schutz gegen Feuchtigkeit an und reicht von null bis neun (Tabelle 2).

Schutz gegen Feuchtigkeit: Wassertyp Beschreibung
X

 

Ein Test wurde nicht durchgeführt
0 Kein Schutz vor Feuchtigkeit
1 Tropfen Schutz vor vertikal fallenden Tropfen. Testdauer 10 Minuten
2 Schutz vor Wassertropfen, die bis zu 15° von der Vertikalen abweichen können. Testdauer 10 Minuten
3 Spritzer oder Sprühnebel Schutz vor Wasser, das bis zu 60° von der Vertikalen abweichen kann
4 Schutz vor Wasser aus allen Richtungen. Testdauer 10 Minuten
5 Wasserstrahl (unter Druck) Schutz vor Wasserstrahlen mit geringem Druck und 6,3 mm Durchmesser
6 Schutz vor direkten Strahlen mit Druck und 12,5 mm Durchmesser
7 Kontinuierliches Eintauchen Schutz bei vollem Eintauchen für bis zu 30 Minuten und zwischen 15 cm und 1 m Tiefe
8 Schutz bei längerem Eintauchen unter hohem Druck bei Tiefen größer als 1 m
9 oder 9K Wasserstrahl mit hohem Druck und hoher Temperatur Kompletter Schutz bei Strahlen mit hohem Druck und hoher Temperatur, beim Abspülen und der Dampfreinigung
Tabelle 2: Die zweite Stelle des IP-Werts gibt den Schutzgrad an, den eine Hülle gegen Feuchtigkeit besitzt.

Beachten Sie, dass diese Werte nicht kumulativ sind. Eine Übereinstimmung mit IPX7 oder IPX8 garantiert keine Übereinstimmung mit IPX5 oder IPX6. Produkte, für die es sowohl einen Spritzwassertest als auch einen Eintauchtest gibt, werden mit beiden Werten spezifiziert. Für die wasserdichten TECHSPEC® Objektive mit Festbrennweite der Cw-Serie werden zum Beispiel die Werte IPX7 und IPX9K angegeben. 

Stabilisierte Objektive

Wie die robusten Objektive für Industrieanwendungen sind auch die stabilisierten Objektive vor Beschädigung geschützt und stellen außerdem sicher, dass die optische Punktstabilität auch nach Stößen und Vibrationen erhalten bleibt. Zusätzlich zur Festblende und dem vereinfachten Fokusmechanismus werden die einzelnen Linsenelemente verklebt, um eine Verschiebung im Gehäuse zu verhindern. Abbildung 3 zeigt ein stabilisiertes Objektiv mit verklebten Linsenelementen. Ein feststellbarer Ring vereinfacht den Fokus.

Stabilisiertes Objektiv mit verklebten Linsenelementen.
Abbildung 3: Stabilisiertes Objektiv mit verklebten Linsenelementen.

Die Linsenelemente sitzen im Inneren des Objektivtubus. Der Abstand zwischen Außendurchmesser der Linse und Innenseite des Tubus beträgt typischerweise weniger als 50 Mikrometer. Trotz dieses minimalen Abstands können Dezentrierungen im Bereich eines Zehntelmikrometers ausreichen, um die Punktstabilität des Objektivs signifikant zu beeinflussen. Beim Einsatz eines stabilisierten Objektivs wird ein Objektpunkt in der Mitte des Bildfeldes, der auf den genau mittigen Pixel fällt, immer auf diesen Pixel fallen, auch wenn das Objektiv heftigen Vibrationen ausgesetzt war (Abbildung 4). Stabilisierung ist vor allem in Anwendungen wichtig bei denen das Bildfeld kalibriert werden muss, z. B. bei Messungen, 3D-Stereosehen, Kontrollen in der Robotik oder der Überwachung des Objektortes. Bei diesen Anwendungen ist es oft wichtig, dass die Punktstabilität auf Werte viel genauer als einen Pixel stabilisiert ist.

Ein ungestörtes System, bei dem das Objektfadenkreuz mit dem Bildfadenkreuz übereinstimmt (a) und ein gestörtes System, bei dem Linsen im Tubus dezentriert sind und die optische Punktstabilität verändert ist (b). Das Objektfadenkreuz wird an einem anderen Ort im Bild abgebildet (gelb) als bei einem ungestörten System (rot). Das Beispiel ist stark übertrieben, die realen Veränderungen liegen eher im Bereich von einem Pixel oder weniger.
Ein ungestörtes System, bei dem das Objektfadenkreuz mit dem Bildfadenkreuz übereinstimmt (a) und ein gestörtes System, bei dem Linsen im Tubus dezentriert sind und die optische Punktstabilität verändert ist (b). Das Objektfadenkreuz wird an einem anderen Ort im Bild abgebildet (gelb) als bei einem ungestörten System (rot). Das Beispiel ist stark übertrieben, die realen Veränderungen liegen eher im Bereich von einem Pixel oder weniger.
Abbildung 4: Ein ungestörtes System, bei dem das Objektfadenkreuz mit dem Bildfadenkreuz übereinstimmt (a) und ein gestörtes System, bei dem Linsen im Tubus dezentriert sind und die optische Punktstabilität verändert ist (b). Das Objektfadenkreuz wird an einem anderen Ort im Bild abgebildet (gelb) als bei einem ungestörten System (rot). Das Beispiel ist stark übertrieben, die realen Veränderungen liegen eher im Bereich von einem Pixel oder weniger.

Athermische Objektive

Materialien dehnen sich bei Temperaturänderungen aus oder ziehen sich zusammen. Der thermische Ausdehnungskoeffizient (CTE) ist ein Maß für die Größenänderung der Materialien. Hochqualitative Bildverarbeitungssysteme, die extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, benötigen athermische Objektive, um temperaturabhängige Leistungsschwankungen zu minimieren. Der Prozess der Stabilisierung eines optomechanischen Systems bei extremen oder stark schwankenden Temperaturen wird Athermalisierung genannt. Weitere Informationen über optothermische und optomechanische Temperatureffekte auf Materialausdehnung und den Brechungsindex finden Sie unter Thermische Eigenschaften von optischen Substraten.

Die Athermalisierung kann aktiv oder passiv sein. Die aktive Athermalisierung führt zu einem Objektiv, das extremen oder sich verändernden Temperaturen standhält, aber eine zusätzliche Einstellung wie z. B. eine Nachfokussierung erfordert. Die passive Athermalisierung führt zu einem Objektiv, das aus komplementären Materialien gefertigt wurde und im spezifizierten Temperaturbereich keine weiteren Einstellungen benötigt. Weitere Informationen über die passive Athermalisierung finden Sie unter Grundlagen der passiven Athermalisierung.

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