Aberrationskorrektur mithilfe der MTF beim Objektivdesign
Edmund Optics Inc.

Aberrationskorrektur mithilfe der MTF beim Objektivdesign

Autoren: Gregory Hollows, Nicholas James

Dies ist der Abschnitt 3.7 des Leitfadens zur Bildverarbeitung.

Um ein Objektiv mit nahezu perfekter Abbildung zu entwickelt, ist eine Optimierung für eine einzige Vergrößerung, einen einzigen Arbeitsabstand (WD) und für einen einzigen Sensor erforderlich. Dieses Objektivdesign würde die maximale Reduzierung von Aberrationen und die höchste Abbildungsqualität bieten, allerdings würden so auch verschiedene kundenspezifische Objektive für jede einzelne individuelle Anwendung benötigt werden.

Das Design von kundenspezifischen Objektiven für jede Anwendung ist jedoch weder kosteneffizient noch praktikabel. Stattdessen werden die meisten Objektive für einen bestimmten Bereich entwickelt, sodass Kosten gespart und die Objektive in verschiedenen Anwendungen eingesetzt werden können. Diese Adaptionsfähigkeit hat allerdings auch Nachteile: So wird es nicht möglich sein die maximale Abbildungsleistung bei allen Bildfeldern, Arbeitsabständen und Sensoren zu erreichen. Dieses Motto „in vielen Bereichen gut, aber in keinem perfekt“ findet man bei den meisten üblichen Objektiven auf dem Markt. Mit steigendem Bedürfnis nach hoher Auflösung müssen allerdings manchmal noch andere Optionen ausgeschöpft werden, um die Systemleistung zu maximieren.

Aberrationseffekte

Um die Systemleistung zu maximieren, müssen wir verstehen, was ein optisches Design negativ beeinflussen kann. So müssen Aberrationen wie chromatische Aberration, Astigmatismus, sphärische Aberration und Bildfeldkrümmung soweit wie möglich reduziert werden, um eine hohe Bildqualität zu erreichen. Auf die spezifischen Aberrationen wird später in diesem Abschnitt noch eingegangen. Bei fast allen Aberrationen gibt es einen direkten Zusammenhang zu WD und Vergrößerung (Verhältnis Bildfeld zu Sensorgröße) des Objektivs, obwohl sie nicht notwendigerweise voneinander abhängen. Wenn sich WD oder Sensorgröße und Bildfeld verändern, verändern sich auch die Aberrationen und die Abbildungsleistung. Zum Beispiel können Objektive hinsichtlich einer maximalen Reduzierung der Aberrationen für ein einziges Bildfeld und einen einzigen Arbeitsabstand entwickelt werden, kleine Veränderungen des Arbeitsabstands oder der Vergrößerung führen aber schon zu einer starken Abnahme der Abbildungsqualität. Diese Abnahme ist umso stärker, je weiter das Objektiv sich von seinem optimierten Bereich entfernt.


Bei Objektiven, die für verschiedene Anwendungen entwickelt wurden, werden die Aberrationen über einen Bereich von Arbeitsabständen und Vergrößerungen minimiert. Die Objektive können dann nicht die Leistung von Objektiven erreichen, die für einen bestimmten Arbeitsabstand und eine bestimmte Vergrößerung entwickelt wurden, aber sie erbringen sehr gute Leistungen in einem größeren Bereich. Mit einer stetigen Verkleinerung der Pixelgröße fallen allerdings die Kompromisse, die bei einem Design für einen größeren Bereich eingegangen werden, stärker ins Gewicht.

Hybridansatz

Hybridansätze wurden für Situationen entwickelt, in denen Zeit und Budget die Entwicklung eines kundenspezifischen Objektivs, das für einen bestimmten Arbeitsabstand und eine bestimmte Vergrößerung optimiert ist, nicht zulassen. Bei einem Hybridansatz wird ein Objektiv verwendet, bei dem der Abstand zwischen den Elementen oder Elementgruppen und somit das Design so verändert werden kann, dass die Leistung für einen bestimmten Arbeitsabstand und eine bestimmte Vergrößerung maximiert wird. Zum Beispiel kann ein Objektivdesign für einen Zeilensensor eine bestimmte Vergrößerung haben, sagen wir 0,33X (Abbildung 1). Bei einer Kamera mit 60 mm langem Zeilensensor führt dies zu einem Bildfeld von 180 mm

Ein für einen Zeilensensor entwickeltes Objektiv mit Abständen, die eine Vergrößerung von 0,33X ergeben.
Abbildung 1: Ein für einen Zeilensensor entwickeltes Objektiv mit Abständen, die eine Vergrößerung von 0,33X ergeben.


Die Objektivleistung kann über die Kurve der Modulationstransferfunktion (MTF) bestimmt werden. Informationen zu MTF-Kurven finden Sie unter MTF-Kurven und Abbildungsleistung sowie Die Modulationstransferfunktion (MTF). In Abbildung 2 sehen Sie die MTF-Kurve des Objektivs aus Abbildung 1 bei der Vergrößerung 0,33X. Die gezeigten Kurven sind auf 100 lp/mm begrenzt und zeigen die Auflösungsfähigkeit einer Zeilenkamera mit 12k und 5 μm Pixelgröße. Zwei Pixel sind der kleinste Bereich, der genutzt werden kann, um durch das Objektiv abgebildete Informationen zu unterscheiden. In diesem Beispiel entspricht ein Linienpaar einer Größe von 10 µm (zwei Pixel mit 5 µm). 10 µm können 100x in einem Millimeter untergebracht werden, sodass die Grenzauflösung der Kamera bei 100 lp/mm liegt.

MTF-Kurve eines Objektivs mit 0,33X bei der vorgesehenen Vergrößerung.
Abbildung 2: MTF-Kurve eines Objektivs mit 0,33X bei der vorgesehenen Vergrößerung.

Abbildung 3 und 4 zeigen MTF-Kurven des für 0,33X Vergrößerung optimierten Objektivs bei anderen Vergrößerungen und Bildfeldern. Bei den Vergrößerungen 0,5X (120 mm Bildfeld) und 1,0X (60 mm Bildfeld) wird eine geringere Leistung erreicht. Um diesen Leistungsabfall auszugleichen, kann der Abstand zwischen den Linsenelementen verändert werden und so die Leistung für andere Vergrößerungen optimiert werden. Abbildung 5 zeigt das optische Design für das neu optimierte Objektiv. Beachten Sie die rot markierten Abstandsänderungen der Linsenelemente im Vergleich zu Abbildung 1, um die Änderung des Bildfelds/der Vergrößerung auszugleichen.

MTF-Kurven für das Objektiv optimiert für 0,33X Vergrößerung bei 0,5X Vergrößerung (120 mm Bildfeld).
Abbildung 3: MTF-Kurven für das Objektiv optimiert für 0,33X Vergrößerung bei 0,5X Vergrößerung (120 mm Bildfeld).
MTF-Kurven für das Objektiv optimiert für 0,33X Vergrößerung bei 1,0X Vergrößerung (60 mm Bildfeld).
Abbildung 4: MTF-Kurven für das Objektiv optimiert für 0,33X Vergrößerung bei 1,0X Vergrößerung (60 mm Bildfeld).
Die Abstandsänderung zwischen den Linsen (rot markiert), verbessert die MTF des Objektivs bei 1X Vergrößerung. Der Abstand wurde vergrößert.
Abbildung 5: Die Abstandsänderung zwischen den Linsen (rot markiert) verbessert die MTF des Objektivs bei 1X Vergrößerung. Der Abstand wurde vergrößert.


Abbildung 6 zeigt die MTF-Kurve des auf 1,0X optimierten Objektivs bei der vorgesehenen Vergrößerung. Beachten Sie den großen Unterschied der Leistung zwischen Abbildung 6 und 4. Für beide Objektive werden die gleichen Glaselemente in der gleichen Weise genutzt, aber die Änderung des Abstands führt zu einem sehr großen Leistungsunterschied. Abbildung 7 und 8 zeigen die MTF-Kurven des auf 1,0X optimierten Objektivs bei 0,5X und 0,33X Vergrößerung. Auch hier wird wieder ein großer Leistungsabfall deutlich, wenn sich die Vergrößerung vom vorgesehenen Wert entfernt.

MTF-Kurve eines Objektivs optimiert für 1,0X Vergrößerung bei der vorgesehenen Vergrößerung.
Abbildung 6: MTF-Kurve eines Objektivs optimiert für 1,0X Vergrößerung bei der vorgesehenen Vergrößerung.
MTF-Kurve eines Objektivs optimiert für 1,0X Vergrößerung bei 0,5X Vergrößerung.
Abbildung 7: MTF-Kurve eines Objektivs optimiert für 1,0X Vergrößerung bei 0,5X Vergrößerung.
MTF-Kurve eines Objektivs optimiert für 1,0X Vergrößerung bei 0,33X Vergrößerung.
Abbildung 8: MTF-Kurve eines Objektivs optimiert für 1,0X Vergrößerung bei 0,33X Vergrößerung.


Der Hybridansatz ermöglicht eine höhere Abbildungsqualität für verschiedene Anwendungen, da die Objektivleistung gegenüber einem einzigen Objektiv für unterschiedliche Anwendungen höher ist. Hybriddesigns bieten mehrere leicht realisierbare Optionen zur Erhöhung der Systemleistung. Da dieser Ansatz weniger komplex als das Design verschiedener kundenspezifischer Objektive ist, sind spezielle Lösungen einfacher und kostengünstiger verfügbar als komplette Sonderanfertigungen. Allerdings können Hybridlösungen teurer als Standardobjektive sein und es können weitere Probleme auftreten. Erstens wird nicht die gleiche hohe Leistung wie bei einem komplett kundenspezifischen Design erreicht, das nur für einen Arbeitsabstand und eine Vergrößerung entwickelt wurde. Bei immer kleiner werdenden Pixeln kann es also mit den Optiken einer Hybridlösung trotzdem noch schwierig sein die erforderliche Systemleistung zu erreichen. Zweitens gibt es bei Hybridobjektiven einen starken Leistungsabfall außerhalb des spezifizierten Bereichs. Und schließlich werden bei Hybridansätzen unterschiedliche Objektive benötigt mit speziellen Materialien, sodass zusätzliche Zeit benötigt wird, um die geforderten Vergrößerungen zu bauen. Des Weiteren kann es notwendig sein, große und komplexe Halterungen und Fokussierungen zu verwenden, damit das Sensor-/Objektivsystem wie gewünscht funktioniert.

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