Auflösung und MTF-Tests
Dies ist der Abschnitt 12.1 des Leitfadens zur Bildverarbeitung.
Sechshundertvierzig (640) Pixel waren noch vor wenigen Jahrzehnten der Standard für Kamerasensoren. Heutzutage ist es üblich, dass Sensoren mehr als sechs Millionen Pixel besitzen. Als sich auf Sensoren nur einige hundert Pixel befanden, war es kein Problem für das Objektiv, die Leistung des Sensors zu übertreffen. Im Laufe der Zeit wurden die Pixel auf den Sensoren jedoch immer kleiner und zahlreicher. Um mit den Sensoren Schritt zu halten, haben Objektivhersteller ihre Auswahl an Objektiven erweitert und gleichzeitig die Grenzen der Objektivtechnologie und -herstellung ausgereizt. Um die Vorteile der immer kleiner und zahlreicher werdenden Pixel zu nutzen, musste die Objektivleistung steigen. Bei der Auswahl des passenden Objektivs für eine Anwendung ist es wichtig, die Leistung eines Objektivs zu verstehen und richtig einzuschätzen.
Hierzu ist unter anderem auch eine korrekte und passende Messtechnik erforderlich. Um die Leistung eines Objektivs zu charakterisieren, muss vor der Auswahl der Prüfmethoden eine Reihe von Zielen auf der Grundlage der Objektivspezifikationen festgelegt werden. Kein einziges Prüfverfahren kann alle Objektivspezifikationen vollständig charakterisieren. Darüber hinaus lassen viele Tests, die für die Charakterisierung der Leistung eingesetzt werden, reale anwendungsspezifische, externe Effekte außer Betracht. Hier kann ein Testplan, der mehrere Methoden verwendet, hilfreich sein.
Die Auflösung ist oft die wichtigste Spezifikation für ein Objektiv. Sie ist eine kontinuierliche Funktion, die dem Benutzer angibt, wie klein ein Detail sein kann, bevor es bei einem bestimmten Kontrastniveau nicht mehr von seiner Umgebung zu unterscheiden ist. Die Leistung eines Objektivs kann an verschiedenen Punkten des Bildes und auch mit dem Arbeitsabstand (WD), dem Blendenwert und anderen Parametern variieren. Bei der Messung von Auflösung und Kontrast ist es wichtig, keine zu hohen Erwartungen zu haben und realistische Systemgrenzen festzulegen. Einige Auflösungsprüfverfahren können auch zusätzliche Informationen über andere Parameter wie Verzeichnung und relative Beleuchtung liefern. Zu den üblichen Tests für die Auflösung von Objektiven gehören Rückprojektionstests, MTF-Tests (MTF = Modulationsübertragungsfunktion), MTF-Tests mit Kanten-Abbildung und Kameratests. Jede dieser Methoden bietet eine Reihe von Vor- und Nachteilen.
Rückprojektionstest
Beim Rückprojektionstest wird ein Prüfprojektor verwendet. Das Muster eines hochpräzisen Testbildes wird in der Bildebene platziert, durch ein Objektiv auf einen bestimmten Arbeitsabstand projiziert (im Wesentlichen entspricht dieser Aufbau einer umgekehrten Abbildung) und in einem dunklen Raum betrachtet. Da die Modulation von Licht durch ein Objektiv umkehrbar ist, ist diese Methode ein einfacher und effektiver Auflösungstest. Ein großer Vorteil der Methode ist, dass die Auflösungsangaben bereits als Werte im Bildraum vorliegen. Ein häufig verwendetes Testbild bei der Rückprojektion ist das USAF-1951-Testbild, das aus mehreren orthogonal ausgerichteten Balken mit zunehmender Frequenz besteht, die spiralförmig um die Mitte angeordnet sind. Die Balken sind über das gesamte Feld verteilt, sodass der Bediener die Möglichkeit hat, das Objektiv zu fokussieren, um die Auflösung in bestimmten Feldbereichen zu optimieren. Mit dieser Methode können mehrere Bildpunkte gleichzeitig getestet werden.
Abbildung 1: Durchführung eines Rückprojektionstests. Die Kreise mit den Bezeichnungen 11, 9 und 6 entsprechen den Bildkreisen von 2/3"-, 1/1,8"- bzw. 1/3"-Sensoren.
Die Rückprojektion ist eine kostengünstige und schnelle Methode zur Prüfung von Objektivauflösung und Astigmatismus. Die Schulung der Bediener ist relativ einfach und die Kosten für die Ausrüstung sind im Vergleich zu anderen Methoden gering. Bei dem Test können keine Kontraststufen gemessen werden, da die Testmethode vom Sehvermögen des Bedieners abhängt, dies ist ein wichtiger zu berücksichtigender Nachteil. Das menschliche Auge kann in der Regel 20% Kontrast erkennen, nicht aber bestimmte Kontrastwerte.
MTF-Test
Die umfassendste Darstellung der Auflösungsleistung eines Objektivs ist die MTF-Kurve. MTF-Kurven werden verwendet, um die Auflösung eines Objektivs direkt mit der eines anderen zu vergleichen. Im Handel sind Prüfstände erhältlich, die die Charakterisierung von Objektiven in einem dreidimensionalen Koordinatensystem ermöglichen (Abbildung 2).
Abbildung 2: Prüfung eines Objektivs auf einer handelsüblichen MTF-Teststation der Firma Trioptics.
Ein Bediener führt den MTF-Test durch, indem er ein Signal durch ein Objektiv schickt, typischerweise in Form von Licht aus einer Punktquelle vor einem dunklen Hintergrund. Die Position der Quelle und der Standort des Bildes sind besonders wichtig. Das Bild der Punktquelle wird dann verwendet, um die Auflösung bei einer beliebigen Raumfrequenz bis hin zur Nyquist-Frequenz (der höchsten auflösbaren Frequenz) zu ermitteln. Da die Testumgebung genau vorgegeben und kontrolliert ist, beschreiben die erhaltenen Messungen alleinig die Leistung des Objektivs.
Externe Phänomene wie Streulicht und Randabfall werden bei den Leistungsspezifikationen auf Systemebene nicht berücksichtigt, und die real erreichbare Auflösung kann geringer sein als die MTF-Kurve vermuten lässt. Die Berechnungen resultierend aus einem MTF-Prüfstand sind per Definition der Kontrast als Funktion der Ortsfrequenz in einem ein-, zwei- oder dreidimensionalen Koordinatensystem.
MTF-Test mit Kanten-Abbildung
Die MTF-Prüfung durch die Abbildung einer Kante liefert dieselben Informationen auf Systemebene wie die MTF-Teststation, jedoch schneller, anpassungsfähiger und mit kostengünstigeren Geräten. Während bei der normalen MTF-Prüfung das Airy-Scheibchen einer Punktlichtquelle verwendet wird, die mit einem Objektiv so vergrößert wird, dass sie den gesamten Sensor ausfüllt, um alle äußeren Einflüsse auf die MTF zu entfernen, wird bei der MTF-Prüfung mit Kanten-Abbildung ein kontrastreiches Kantenbild verwendet, das in einem Winkel von mehreren Grad positioniert ist. Wenn nur die MTF des Objektivs benötigt wird, müssen alle Beiträge anderer Komponenten zur MTF auf Systemebene entfernt werden, indem sie herausgerechnet werden (die MTFs eines Systems sind multiplikativ). Der erste Schritt zur Ermittlung der MTF anhand einer Kante ist die Messung der s-förmigen Kantenspreizfunktion (edge-spread function), die zur Linienspreizfunktion (line-spread function) abgeleitet, dann gefiltert und in die MTF-Kurve fouriertransformiert wird.
Abbildung 3: EinMTF-Test mit schräger Kante erzeugt MTF-Informationen aus der Linienspreizfunktion einer schrägen Kante.
Dieses Verfahren funktioniert nur, wenn der Kontrastübergang des Kantenbildes auf einer Skala erfolgt, die viermal kleiner ist als die Nyquist-Grenze. Wenn ein Kantenbild einen Übergang von 100 μm hat und das Auflösungsziel 100 lp/mm ist (5 μm Nyquist-Probengröße), dann wäre das Kantenbild ausreichend, wenn die Vergrößerung (m) weniger als 0,0125X beträgt (siehe Berechnung).
\begin{align} \text{Übergangsbreite}_{\small{\text{Bildraum}}} \left[ \unicode[arial]{x03BC} \text{m} \right] < & \, \, \text{Nyquistbreite} \left[ \unicode[arial]{x03BC} \text{m} \right] \div 4 \\\text{Übergangsbreite}_{\small{\text{Objektraum}}} \left[ \unicode[arial]{x03BC} \text{m} \right] \times m < & \, \, \text{Nyquistbreite} \left[ \unicode[arial]{x03BC} \text{m} \right] \div 4 \\100 \unicode[arial]{x03BC} \text{m} \times m < & \, \, 5\unicode[arial]{x03BC} \text{m} \div 4 \\m < & \, \, \frac{5 \unicode[arial]{x03BC} \text{m}}{100 \unicode[arial]{x03BC} \text{m}} \div 4 \\m < & \, \, 0,0125 \end{align}
Kameratest
„Kameratest" ist ein Oberbegriff für alle Tests, bei denen eine Kamera zum Einsatz kommt. Der MTF-Test durch die Abbildung einer Kante ist ein spezieller, aber nicht der einzige gängige Kameratest zur Auflösungsbestimmung. Kameratestmethoden können unter Verwendung verschiedener Techniken oder Geräte an jede reale Anwendung angepasst werden, um auch Umwelteinflüsse auf die Systemauflösung einzubeziehen. Bei diesen Tests werden häufig Testbilder verwendet, die es ermöglichen, eine bestimmte Reihe von Testwerten an den richtigen Bildfeldpositionen und in der richtigen Umgebung zu prüfen. Da die Sensoren immer mehr und immer kleinere Pixel aufweisen, steigen auch die optischen und mechanischen Anforderungen an die Objektive, die mit diesen Sensoren eingesetzt werden. Für Endbenutzer von Bildverarbeitungssystemen ist es oft schwer zu verstehen, welche Effekte die Leistung von Bildverarbeitungssystemen beeinflussen. Wenn die Nutzer wissen, welche Informationen die einzelnen Testmethoden liefern und welche Vor- und Nachteile sie haben, hilft dies ungemein bei der Realisierung eines erfolgreichen Bildverarbeitungssystems.
Methode | Vorteile | Nachteile |
Rückprojektion |
Schnell | Subjektiv |
Kostengünstig | Objektive Auswertung schwierig | |
Bedienerfreundlich | Spektralbereich kann schlecht überprüft werden (Antwort ist photopisch) | |
Prüft mehrere Bildpunkte gleichzeitig | Schwierig, genaue Koordinatensysteme zu erhalten | |
Schnelles Feststellen der Grenzauflösung | Schwierig zu verwenden bei höheren Vergrößerungen | |
MTF | Standardmessgeräte einfach verfügbar | Berechnung bei jeweils einem Bildpunkt |
Aberrationen höherer Ordnung können ermittelt werden | Unempfindlich gegen Streulicht und andere kontrastmindernde Umwelteinflüsse | |
Hohe Genauigkeit und Präzision | Schlechte Nachbildung der meisten realen Beleuchtungsumgebungen | |
Am weitesten verbreitete allgemeine Prüfmethode | Teure, schwer bedienbare Geräte | |
MTF über Kantenbild | Test bei mehreren Bildpunkten gleichzeitig | Testbildauswahl kann für den üblichen Vergrößerungsbereich (~0,05 - 0,01X) schwierig sein |
Freie und kommerzielle Software leicht verfügbar | Reagiert empfindlich auf ungleichmäßige Beleuchtung | |
Einsatz von Standard ISO 12233 oder Anpassung an spezifische Bedürfnisse | Der Beitrag von Nicht-Objektiv-Komponenten auf Systemebene kann zu großen Fehlern führen (insbesondere bei hohen Frequenzen) | |
Messung der MTF auf Systemebene inkl. Objektiv, Kamera, Beleuchtung und beliebiger Bildverarbeitungsalgorithmen | Fehleranfällig | |
Das Koordinatensystem der Kameras verschiebt sich von der tangentialen und sagittalen Leistung zur horizontalen und vertikalen | ||
Kameratest | Test bei mehreren Bildpunkten gleichzeitig | |
Der am häufigsten verwendete anwendungsspezifische Ansatz | Wenig bis keine externe Unterstützung | |
Sehr anpassungsfähig | Schwierig zu korrelieren | |
Messung der Leistung auf Systemebene inkl. Objektiv, Kamera, Beleuchtung und Bildverarbeitungsalgorithmen |
Tabelle 1: Die Vor- und Nachteile einiger der gängigsten Testmethoden für die Objektivleistung.
Eine MTF-Kantenmessung. Verschiedene Messbereiche können gleichzeitig getestet werden.
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