Weiterführende Informationen zu Brennweite und Bildfeld
Autoren: Gregory Hollows, Nicholas James
Das ist Abschnitt 1.3 des Leitfadens zur Bildverarbeitung.
Objektive mit Festbrennweite
Ein Objektiv mit Festbrennweite, auch konventionelles Objektiv oder entozentrisches Objektiv genannt, ist ein Objektiv mit einem festen Bildwinkel (Angular Field of View, AFOV). Durch Fokussierung des Objektivs auf verschiedene Arbeitsabstände können unterschiedlich große Bildfelder (Field of View, FOV) erreicht werden, obwohl der Beobachtungswinkel konstant bleibt. Ein fester Bildwinkel wird normalerweise als Gesamtwinkel (in Grad) für die horizontale Abmessung (Breite) des Sensors angegeben, mit dem das Objektiv verwendet werden soll.
Hinweis: Objektive mit Festbrennweite dürfen nicht mit Fixfokusobjektiven verwechselt werden. Objektive mit Festbrennweite können für verschiedene Arbeitsabstände fokussiert werden. Demgegenüber sind Fixfokusobjektive für einen bestimmten einzigen Arbeitsabstand ausgelegt. Beispiele für Fixfokusobjektive sind viele telezentrische Objektive und Mikroskopobjektive.
Die Brennweite eines Objektivs definiert den Bildwinkel. Bei einer bestimmten Sensorgröße gilt: Je kürzer die Brennweite, desto breiter ist der Bildwinkel des Objektivs. Je kürzer die Brennweite des Objektivs, desto kürzer ist zudem der erforderliche Abstand, der benötigt wird, um das gleiche Bildfeld im Vergleich zu einem Objektiv mit größerer Brennweite zu erhalten. Bei einer einfachen, dünnen konvexen Linse ist die Brennweite der Abstand von der Linsenrückseite bis zur Bildebene eines Objekts, das unendlich weit vor der Linse platziert ist. Ausgehend von dieser Definition kann gezeigt werden, dass der Bildwinkel eines Objektivs von der Brennweite abhängt (Gleichung 1). Dabei ist f die Brennweite in Millimeter und h die horizontale Abmessung des Sensors in Millimeter (Abbildung 1).
Abbildung 1: Bei einer gegebenen Sensorgröße, h, erzeugen kürzere Brennweiten weitere Bildwinkel.
Die Brennweite wird im Allgemeinen jedoch ausgehend von der hinteren Hauptebene des Objektivs gemessen, die sich in der Regel nicht auf der mechanischen Rückseite eines Bildverarbeitungsobjektivs befindet. Dies ist einer der Gründe dafür, dass Arbeitsabstände, die mit paraxialen Gleichungen berechnet wurden, lediglich Näherungen sind, sodass die mechanische Auslegung eines Systems nur mit Daten einer Computersimulation oder mit Daten in Objektivspezifikationstabellen erfolgen sollte. Paraxiale Berechnungen, z. B. mit Objektivrechnern, sind ein guter Ausgangspunkt, um die Objektivauswahl zu beschleunigen. Die erhaltenen numerischen Werte sind jedoch mit Vorsicht zu genießen.
Bei Verwendung von Objektiven mit Festbrennweite gibt es drei Möglichkeiten, um das Bildfeld des Systems (Kamera und Objektiv) zu ändern. Die erste und meistens einfachste Möglichkeit besteht darin, den Arbeitsabstand vom Objektiv zum Objekt zu ändern. Das Bildfeld wird größer, wenn das Objektiv weiter von der Objektebene weggeschoben wird. Die zweite Möglichkeit besteht darin, das verwendete Objektiv durch ein Objektiv mit einer anderen Brennweite auszutauschen. Die dritte Möglichkeit besteht darin, die Größe des verwendeten Sensors zu ändern. Ein größerer Sensor ergibt gemäß Gleichung 1 bei gleichem Arbeitsabstand ein größeres Bildfeld.
Obwohl ein sehr weiter Bildwinkel oftmals sehr praktisch ist, müssen einige Nachteile beachtet werden. Erstens kann der Grad der Verzeichnung bei einigen Objektiven mit kurzer Brennweite den tatsächlichen Bildwinkel erheblich beeinflussen und durch das uneinheitliche Ausmaß der Verzeichnung können bei unterschiedlichen Arbeitsabständen Schwankungen im Winkel auftreten. Darüber hinaus können Objektive mit kurzer Brennweite im Allgemeinen nur schwer die Leistung von Objektiven mit größeren Brennweiten erreichen (siehe bewährte Praktik #3). Außerdem kann es bei Objektiven mit kurzer Brennweite schwierig sein, mittlere bis große Sensorgrößen abzudecken (siehe Relative Beleuchtung, Randabfall und Vignettierung).
Eine andere Möglichkeit zum Ändern des Bildfelds eines Systems besteht darin, ein Objektiv mit variabler Brennweite oder ein Zoomobjektiv zu verwenden. Derartige Objektive ermöglichen eine Änderung der Brennweite und somit eine Änderung des Bildwinkels. Objektive mit variabler Brennweite oder Zoomobjektive weisen jedoch Nachteile hinsichtlich Größe und Kosten im Vergleich zu Objektiven mit Festbrennweite auf und bieten oftmals nicht die gleiche Leistung wie Objektive mit Festbrennweite.
Bestimmen der Brennweite über Arbeitsabstand und Bildfeld
In vielen Anwendungen sind der erforderliche Abstand von einem Objekt und das gewünschte Bildfeld (normalerweise die Größe des Objekts mit einem zusätzlichen Puffer) bekannte Größen. Mit diesen Informationen kann der erforderliche Bildwinkel direkt über die Formeln von Gleichung 2 ermittelt werden. Dabei ist WD der Arbeitsabstand und AFOV der Bildwinkel. Gleichung 2 entspricht der Ermittlung des Scheitelwinkels eines Dreiecks, dessen Höhe der Arbeitsabstand und dessen Grundlinie das horizontale Bildfeld ist (siehe Abbildung 2). Hinweis: In der Praxis befindet sich der Scheitelpunkt dieses Dreiecks in der Regel nicht an der mechanischen Vorderseite des Objektivs, von dem aus der Arbeitsabstand gemessen wird. Er sollte daher nur als Näherung verwendet werden, wenn die Position der Eintrittspupille nicht bekannt ist.
Abbildung 2: Beziehung zwischen horizontalem Bildfeld, Sensorgröße und Arbeitsabstand für einen gegebenen Bildwinkel
Nachdem der erforderliche Bildwinkel bestimmt wurde, kann die Brennweite näherungsweise mit Gleichung 1 berechnet werden. Anschließend kann das geeignete Objektiv aus Objektivspezifikationstabellen oder Datenblättern ausgewählt werden, indem die nächstgelegene verfügbare Brennweite ermittelt wird, die den erforderlichen Bildwinkel für den verwendeten Sensor bietet.
Mit dem errechneten Wert von 14,25° aus Beispiel 1 kann das erforderliche Objektiv bestimmt werden. Allerdings muss auch die Sensorgröße berücksichtigt werden. Mit abnehmender oder zunehmender Sensorgröße ändert sich der genutzte Bildanteil des Objektivs, sodass sich der Bildwinkel des Systems und damit das Gesamtbildfeld ändern. Je größer der Sensor ist, desto größer ist der erreichbare Bildwinkel für die gleiche Brennweite. Beispielsweise kann ein 25-mm-Objektiv mit einem ½"-Sensor (6,4 mm horizontal) und ein 35-mm-Objektiv mit einem 2/3”-Sensor (8,8 mm horizontal) verwendet werden, um annähernd einen Bildwinkel von 14,5° auf dem jeweiligen Sensor zu erzeugen.
Falls der Sensor bereits ausgewählt wurde, kann die Brennweite alternativ direkt aus Bildfeld und Arbeitsabstand bestimmt werden, indem Gleichung 1 in Gleichung 2 eingesetzt wird (Gleichung 3). Dabei ist h die horizontale Sensorabmessung (Anzahl der horizontalen Pixel multipliziert mit der Pixelgröße) in Millimeter und f die Brennweite des Objektivs in Millimeter (Bildfeld und Arbeitsabstand müssen im gleichen Einheitensystem gemessen werden). Wie bereits erwähnt, sollte eine gewisse Flexibilität beim Arbeitsabstand des Systems eingeplant werden, da die obigen Beispiele nur erste Näherungen sind und keine Verzeichnung berücksichtigen.
Berechnung des Bildfelds bei Verwendung eines Objektivs mit fester Vergrößerung
Objektive mit fester Vergrößerung weisen im Allgemeinen feste oder begrenzte Arbeitsabstandsbereiche auf. Während es bei der Verwendung eines telezentrischen Objektivs oder eines Objektivs mit fester Vergrößerung mehr Einschränkungen geben kann, da durch Änderung des Arbeitsabstands keine Änderung des Bildfelds möglich ist, sind die entsprechenden Berechnungen sehr geradlinig (siehe Gleichung 4).
Da das gewünschte Bildfeld und der Sensor oftmals bekannt sind, kann die Objektivauswahl durch Umbildung von Gleichung 4 in Gleichung 5 vereinfacht werden.
Wenn die erforderliche Vergrößerung bereits bekannt und der Arbeitsabstand eingeschränkt ist, kann Gleichung 3 (durch Ersetzen von h/FOV durch die Vergrößerung) umgeordnet und zum Bestimmen eines geeigneten Objektivs mit Festbrennweite verwendet werden (Gleichung 6).
Beachten Sie, dass Gleichung 6 eine Näherung ist und für Vergrößerungen größer als 0,1 oder für kurze Arbeitsabstände schnell ungültig wird. Bei Vergrößerungen über 0,1 sollten Objektive mit fester Vergrößerung oder Computersimulationen (z. B. mit Zemax) des entsprechenden Objektivmodells verwendet werden. Aus den gleichen Gründen sollten Rechner im Internet nur zur Referenz verwendet werden. Ziehen Sie im Zweifelsfall eine Objektivspezifikationstabelle zurate.
Hinweis: Der Einfachheit halber wird bei der Erörterung des Bildfelds normalerweise das horizontale Bildfeld verwendet. Allerdings muss das Seitenverhältnis des Sensors (Verhältnis von Breite zur Höhe des Sensors) berücksichtigt werden, damit das ganze Objekt in das Bild passt (Gleichung 7), wenn das Seitenverhältnis ein Bruch ist (z. B. 4:3 = 4/3). Obwohl die meisten Sensoren ein Seitenverhältnis von 4:3 aufweisen, sind 5:4 und 1:1 ebenfalls üblich. Dieser Unterschied beim Seitenverhältnis führt auch zu unterschiedlichen Sensorabmessungen beim gleichen Sensorformat. Alle in diesem Abschnitt verwendeten Gleichungen können auch für ein vertikales Bildfeld verwendet werden, wenn in den Gleichungen die vertikale Abmessung des Sensors für die horizontale Abmessung eingesetzt wird.
BEISPIELE FÜR OBJEKTIVBRENNWEITEN
Bestimmen der Brennweite über Arbeitsabstand und Bildfeld
Beispiel 1: Wie groß ist der Bildwinkel bei einem System mit einem gewünschten Arbeitsabstand von 200 mm und einem horizontalen Bildfeld von 50 mm?
Berechnung des Bildfelds bei Verwendung eines Objektivs mit fester Vergrößerung
Beispiel 2: Für eine Anwendung, bei der ein ½"-Sensor mit einer horizontalen Sensorgröße von 6,4 mm verwendet wird, ist ein horizontales Bildfeld von 25 mm gewünscht..
Über eine Liste für Objektive mit fester Vergrößerung oder telezentrische Objekte kann eine geeignete Vergrößerung ausgewählt werden. Hinweis: Mit zunehmender Vergrößerung nimmt die Größe des Bildfelds ab. Daher ist normalerweise eine kleinere Vergrößerung als die berechnete Vergrößerung wünschenswert, damit das volle Bildfeld visualisiert werden kann. Im Fall von Beispiel 2 ist ein 0,25X-Objektiv die nächstgelegene gebräuchliche Option, die ein Bildfeld von 25,6 mm für den gleichen Sensor ergibt.
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